01 Mai
„Die Kraft der Trauer“ ein Buch von Claus Maywald
Das Buch stellt den Weg meiner und unserer Trauer dar, setzt sich damit auseinander, verknüpft theoretisches mit praktischem, geht vom beruflichen zum persönlichen, vom künstlerischen zum privaten.
Es ist in Teilen sehr persönlich und in anderen Teilen distanziert und wissenschaftlich. Die Teile sind weder bei mir noch in der Trauer trennbar. Sie gehören zusammen und werden im Prozess der Trauer so aneinander gestellt, wie es gepasst hat und auch noch heute passt. Sie wieder auseinanderzuschneiden, wäre der falsche Weg und würde das Gesamtbild schwächen. Das Buch ist der Schlussstein eines Prozesses, der durch die Darstellung des für Außenstehende ebenfalls sichtbaren Prozesses Gewinn verspricht.
Damit ist das Werk am besten im Bereich der „Selbsterfahrung“ und der „Lebensberichte – autobiographisch“ einzuordnen. Dass darin auch Fach- und Sachelemente enthalten sind, spricht eigentlich nur für eine Reflexion, die in dieser Art und Weise in der Selbsterfahrungsliteratur normalerweise wenig angegangen wird, aber im eigenen – und nicht nur im eigenen – Trauerprozess seinen Platz hat. Die Arbeit dient daher sicher nicht dazu, Menschen zu entmutigen, den eigenen Weg zu finden. Eher umgekehrt: „Folgt euren eigenen Impulsen“ … wir haben genau das gemacht.
Es ist ein Buch für Trauernde, die sich auf dem Weg befinden, ist es ist für Trauerbegleiter/in, die eine zusätzliche Vorstellung davon bekommen können, wie Trauerbewältigung im Konkreten aussieht, und es ist für die etwas wissenschaftlicher arbeitenden Menschen gewinnbringend, das eine Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis gegeben wird. Trauer ist wohl so. Sie „schleicht“ sich in alle Lebensbereiche ein und kann die kreativen, wissenschaftlichen, persönlichen und beruflichen Felder gleichsam „einfärben“ und damit bemerkt oder unbemerkt verändern.
Die eigene Trauer in ein wissenschaftlich fundiertes Modell über Trauerverhalten einzubinden, ist ein Weg, Sinn in das zu Anfang oft unverständliche Fühlen, Denken und Handeln der eigenen Trauer zu bekommen. Mit einem solchen Vorgehen ordne ich mich in einen Rahmen ein, der mir erlaubt, mein Schicksal und die Wirkung auf mich als allgemeinmenschliches Schicksal zu verstehen. Das lässt mich den eigenen Verlust leichter ertragen. Es ist ein Weg, der zum einen intuitiv kreative und spielerische Elemente in der Trauerverarbeitung wachsen läßt. Zum anderen mischen sich reflektive und analytische Phasen ein – die Trauer nimmt eben Emotion und Verstand in Anspruch nimmt und lässt sie beide „arbeiten“.
Wenn mir in diesem Zusammenhang das Wort von „Trauerarbeit“ in den Sinn kommt, dann sehe ich tausende von Stunden, in denen ich mich privat, professionell und künstlerisch auf den Weg machte, um den Verlust zu verkraften und sinnhaft in mein Leben einzuordnen. Das gilt in anderer Weise auch für meine Frau Sandra und für unsere Kinder.
Im Rahmen der Trauer ist so ein Werk entstanden, dass neben Neuem auch viele Momente unterschiedlicher Zeiten meines und unseres Lebens zusammenbindet, es sowohl zu einem tragenden Netz als auch zu einer linear sinnhaften Einheit verbindet.
Mit der Darstellung meines und unseres Weges als Aufarbeitung und Reflexion einer schwierigen Zeit ist der Wunsch verbunden, andere mögen den Mut finden, den in ihnen angelegten Impulsen zur Umsetzung zu folgen. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, nicht aufgrund von irgendwelchen Konventionen, die einem nicht gerecht werden, irgendwann aufzugeben, sondern sich beherzt auf die eigene Reise zu machen. Es lohnt sich, Zeit zum Nachspüren dessen zu verwenden, wie sich die Trauer und der Umgang mit ihr in das eigene Verhalten, die eigenen Ausdrucksformen, Überlegungen, Analysen oder Gestaltungen einmischt.
Im Rückblick ist es für mich heute schön zu sehen, wie sich das Leben über die Jahre mit jedem Schritt neu ordnete, wie das so ganz Unvertraute vertraut wurde, bis der Verlust als Teil meines Lebens und Konsequenz meines derzeitigen Seins nicht mehr weg zu denken ist. Dieses Resultat in der Gegenwart nicht zu besitzen, wäre ein weiterer schlimmer Verlust.