01 Apr
„TUMOpeR“ von Claus Maywald erschienen
Das Theaterstück „TUMOpeR“ handelt von der Auseinandersetzung des Körpers mit seinem Tumor und ist im Stil einer griechischen Tragödie geschrieben worden.
TUMOpeR, Eine Tragödie von Claus Maywald, 2017
Es geht um Dein Leben,
ein harter Kampf steht Dir bevor,
drei Helfer stehen an Deiner Seite,
und Du kämpfst gegen Dich selbst.
Vorwort: Eine lebensbedrohende Krankheit wird als Drama oder Tragödie erlebt. Es ist der Kampf um das eigene Leben. Wesentliche und existentielle Fragen tauchen auf. Endlichkeit wird sichtbar. Im Gegensatz zum plötzlichen Tod hat man aber noch die Zeit, sich der Situation zu stellen, zu kämpfen und sogar zu gewinnen. Das Leben danach ist allerdings nicht mehr das Leben wie zuvor. Auch in der Zeit der Auseinandersetzung können dramatisch neue Erkenntnisse den Blick auf das eigene Leben verändern. Die lebensbedrohende Krankheit macht etwas mit mir – nicht nur im Körper, sondern auch in der Seele. Nicht nur beim unmittelbar Betroffenen, sondern auch in seinem Umfeld, bei den Angehörigen und Freunden.
Den Kampf mit dem Tumor haben wir mit unserer jüngsten Tochter geführt und wir haben ihn verloren. Aber wir haben nicht alles verloren. Wir haben uns nicht verloren, und wir haben unsere Tochter in anderer Weise „zurückbekommen und behalten“. Dazu haben wir Erfahrungen gemacht, die uns veränderten, uns einen neuen Blick auf das eigene Leben gaben und Erkenntnisse gewonnen, die wir zu diesem Preis nicht bekommen wollten, aber wir haben sie angenommen. Und das ist gut so.
Die Auseinandersetzung mit dem, was geschah und mit dem, was auf uns unweigerlich zukommen wird, der Tod, ist zu einem wichtigen Moment in meinem Leben geworden. Die eigene Sterblichkeit ist nicht Theorie, sie ist Realität und in jedem Moment spürbar. Sie kann jederzeit eintreffen. Damit zu leben, ist nicht immer einfach, aber für mich ist es besser so. Mein Leben läuft auf ein Ende hin – und ich weiß es. Daher verhalte ich mich auch so, mit mir und mit anderen. Die Gefühle und Erkenntnisse dazu setze ich in verschiedener Weise um und mache sie zu meinem Thema – als Gedicht, als Bild, als Videoclip, als Installation oder hier als Theaterstück.
Der Tumor auf der Bühne, das ist sicherlich nicht alltäglich. Er gehört aber dorthin, weil er Teil in einem möglichen Lebensdrama ist, das wir erlebt haben und das für viele Menschen Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft war, ist und sein wird. Es ist ein möglicher Weg, damit umzugehen, in der dramatischen Lebenssituation nicht stehen zu bleiben, sondern sich zu bewegen, etwas anzunehmen und als Teil des eigenen Weges, der eigenen Biographie zu verstehen.
Einleitung: In der TUMOpeR geht es um die Auseinandersetzung zwischen Körper und Tumor. Beide sind Teil ein und derselben Person, aus gleichem Fleisch und Blut. Da sie schicksalhaft miteinander verbunden sind, geraten sie in ihren jeweiligen Ansprüchen und Rechten auf Leben in einen unauflösbaren und ausweglosen Konflikt. Jeder kann nur auf Kosten des anderen weiter leben und seinen Lebensweg bis zu Ende gehen – der Körper bis zum Tod des Tumors und der Tumor bis zum Ende seines Lebens, das mit dem Tod des Körpers einhergeht. Da sie ihr jeweiliges Recht auf Leben nur dann zur Geltung bringen können, wenn sie ihr Gegenüber töten, machen sie sich schuldlos schuldig. Sie haben keine Alternative zu ihrem Handeln, wenn sie weiterleben wollen. Daher ist es ein Kampf auf Leben und Tod.
In der Auseinandersetzung fängt der Körper an, sich grundsätzlichen Seins-fragen zu stellen. Er will wissen, wer er ist, wohin er geht und was sein Schicksal ist. Im Lauf der Geschichte erkennt er seine Endlichkeit, die Gemeinsamkeit mit allem Lebendigen, das Lebensrecht des Tumors und den Wert des Lebens überhaupt. Damit gelingt es ihm, seine Lebensperspektive auf die Gegenwart zu fokussieren, ohne die Vergangenheit zu leugnen oder die Zukunft zu negieren. Am Ende hat er hat verstanden, im „Hier und Jetzt“ zu leben und aus der schwierigen Situation neue Kraft und Erkenntnis geschöpft.
Das Stück hat eine unmittelbare Nähe zur griechischen Tragödie. Wenn diese die schicksalhafte Verstrickung des Protagonisten behandelt, der in eine so ausweglose Lage geraten ist, dass er durch jedwedes Handeln nur schuldig werden kann, so sind Tumor und Körper ebenso schicksalhaft verstrickt. Es gibt keinen Ausweg und ihr Handeln aus dem eigenen Recht am Leben macht sie des versuchten Mordes schuldig. Wenn die Tragödie den tragischen Charakter mit dem Attribut „schuldlos schuldig“ beschreibt, dann trifft es auch auf unsere beiden Darsteller zu. Es gibt für sie keinen anderen Weg als schuldig zu werden, ohne sich selbst aufzugeben, sie sind wie in der Antike in einer unauflöslichen Situation – und sie werden mit existentiellen Fragen in dieser Situation konfrontiert.
Die einzelnen Teile des Stücks folgen den Elementen der griechischen Tragödie. Dem Prolog mit Auftritt des Tumors folgt das Eingangslied des Chores, Parodos genannt. Der dritte Teil, Stasimon, behandelt die einzelnen Episoden, zum Teil begleitet von Chorliedern. Die Episoden reichen von der „Erkenntnis der Situation“, „Zweifel und Durchbruch zum Handeln“, „Operation“, „Chemotherapie“ bis zur „Radiotherapie“. Die Hauptszene, das Epeisodion, bringt anschließend die Entscheidung. Das Ende, der Exodus, als Dialog zwischen Chor und Körper, beendet das Stück.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Inhaltsverzeichnis
1 Prolog: „War es nicht Euer Leben, welches mir mein Leben eingehaucht hat…“
2 Parodos: „Wir sind alle aus einem Kern, Gleiche unter Gleichen…“
3 Stasimon
A Erkenntnis der Situation: „Mir ist nicht wohl ums Herz und kann es kaum beschreiben…“
B Zweifel und Durchbruch zum Handeln: „Die Zeit eilt, und die Entscheidung wird bald fallen…“
C Operation: „Hilfe geben, ist manchmal ein blutiges Handwerk…“
D Chemotherapie: „Der schöne Apfel in der Hand…“
E Radiotherapie: „Wo ihr auch seid, ich finde euch…“
4 Epeisodion: „Heute geht die Hand nach oben…“
5 Exodos: „Nicht alles Leben findet seine Blüte, darf bis zum Schluss den Himmel sehen…“
Personen
Szenen und Personenauftritte