Lebensschnüre in der Biographiearbeit

Die geflochtenen Schnüre wurden mir in einer Fortbildung von Mechthild Schroeter-Rupieper vorgestellt. Ich habe diese Idee für meine eigene Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen dankbar aufgenommen und weiter fortgeführt. Dafür habe ich verschiedene Figuren zusammengestellt, die hier vorgestellt werden.

Die geflochtenen Schnüre bieten die Gelegenheit, allgemein über die eigene biographische Entwicklung zu reflektieren, im speziellen auch im Bereich der Trauer. Hier kann neben der Verdinglichung wichtiger Etappen des eigenen Lebens auch die Trauerzeit mit ihren vielfältigen Wendungen und Entwicklungen verdeutlicht werden. Für eine kurze Aktion reichen drei Schnüre aus, die zusammengeflochten die Lebenszeit verdeutlichen, während die eingebrachten Knoten entscheidende Wendepunkte und Ereignisse im Leben markieren.

Für eine vertiefte Beschäftigung bieten sich hingegen verschiedene Figuren an, die mit Sinn belegt werden können. Sie haben neben der variableren Ausdrucksweise auch den Vorteil, dass sie ästhetisch ansprechend wirken und zum Beispiel von Kindern und Jugendlichen als Haarband oder Armreif getragen werden können. Bei der praktischen Arbeit werden die Figuren von den Teilnehmern in Form von Mustern vorgestellt und dann in der eigenen biographischen Arbeit für passende Etappen und Ereignisse ihres Lebens unter kurzer Anleitung zur Verfügung gestellt.

Die Materialien

Für die Flechtschnüre ist ein fester, weißer Leinenfaden geeignet. Er kann, falls gewünscht, natürlich auch jede andere Farbe aufweisen. Für die Farbschnüre, die mit eingeflochten werden können, ist Stickgarn, das es in allen Varianten gibt, geeignet. Bei den Perlen ist meiner Meinung nach der Wechsel von Holz- und Glasperlen besonders reizvoll. Alle Materialien finden sich in gut sortierten Bastelgeschäften.

Die Vorbereitung

Wenn man sich für eine aufwendigere „Lebensschnur“ entscheidet, muss eine gewisse Planung der Ausführung vorausgehen, damit man die einzelnen Wendungen und Ereignisse auf der Schnur am Schluss auch so wieder findet, wie man sie auszudrücken wünscht. Auf der anderen Seite darf die Spontanität nicht leiden, da sonst der Spaß nicht mehr gegeben ist. Da die Figuren recht einfach zu fertigen sind, dürfte es in der Regel kein Problem sein, wenn man sich zuerst eine einfache Skizze anfertigt, welche Ereignisse und Lebensabschnitte man in welcher Art und mit welcher Figur zu gestalten sucht, und dann sofort beginnt.

Konkret bedeutet dies, dass im wesentlichen der oder die Verantwortliche für die Herstellung der „Lebensschnüre“ die Planung und Vorbereitung so in die Hand nehmen muss, dass die Spontanität der Teilnehmer nicht behindert wird.
Der Anfang

Der Anfang der Schnüre wird durch eine eingeknotete Holzperle (2) markiert. Die Enden der drei Schnüre werden aufgefasert und zu einer Quaste (1) geformt. Die zwei Glasperlen zwischen den Knoten (3) symbolisieren die Eltern, während die große Perle zwischen den Knoten (4) die Person selber darstellt. Mit der Flechtung (5) wird das Band weiter gestaltet.

Claus Maywald Lebensschnüre

Die Ressourcen

Nach dem Anfang werden die Ressourcen in Form von abwechselnd eingeflochtenen Perlen (2) in die Schnur eingebracht. Unter den Ressourcen sind in dieser Variante Menschen oder Haustiere aus dem Umfeld der Person zu verstehen – wie Geschwister, Großeltern, Verwandte und Bekannte, Freunde und Freundinnen sowie Hund, Katze und Co. Sowohl der Anfang als auch der Teil der Ressourcen bilden den Anfang der Lebensschnur. Sie stellen in jedem Fall eine gute Basis dar. Selbstverständlich können die unter Ressourcen gefassten Menschen und Haustiere an einer späteren, gewünschten chronologisch richtigen Stelle mit einer weiteren Figur wiederholt werden. Unter den Ressourcen können auch Eigenschaften und Fähigkeiten der Person selber, welche die Lebensschnur gestaltet, verstanden werden. Bei dieser Variante liegt der Schwerpunkt auf der gestaltenden Person selber. Die verwendeten Perlen in ihrer jeweiligen Farbe können dann zum Beispiel symbolisch an den Wendepunkten und Ereignissen wiederholt werden und damit symbolisieren, womit dieser Wendepunkt oder Ereignis gemeistert oder angegangen wurde.

Claus Maywald Lebensschnüre

Die Figuren

In der Folge werden jetzt die einzelnen Figuren vorgestellt. Sie sind natürlich offen, was ihre Belegung mit Sinn und Ereignis angeht. Es macht aber Sinn, die Form, das Symbol, die Farbe und die Größe entsprechend dem Ereignis zu wählen bzw. zu empfehlen. So symbolisiert eine dunkle große Perle eher ein schwerwiegendes, trauriges Ereignis als eine Reihung von kleinen Glitzerperlen; so ist die eingeflochtene Feder optisch eher im positiven Bereich angesiedelt ist als angeknotete und geflochtene dunkle Farbbänder. Im Folgenden mache ich nur einen Vorschlag, wie die Figuren mit Deutung belegt werden können.

Perle und offene Schnüre

Die große Holzperle zwischen zwei Knoten symbolisiert ein negatives Ereignis oder Wendepunkt im Leben. Die Perle wird zwischen zwei Knoten festgehalten. Die offenen Schnüre zwischen zwei Knoten symbolisieren eine schwierige Zeit, in der es „wenig Halt“ gab oder gibt.

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Eingeknotete farbige Flechtung

Das eingeknotete geflochtene Band symbolisiert einen Bruch im Leben. Je nach gewählter/n Farbe/Farben kann es sich um ein sehr negatives oder sehr positives, außergewöhnliches Ereignis handeln.

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Mitgeflochtene Farbbänder

Die mit geflochtenen Farbbänder geben dieser „Wegstrecke“ – je nach Farbe – ein bestimmtes Kolorit, das mit der jeweiligen Stimmung konform geht. Insofern sind sowohl positive wie auch negative Phasen möglich. Für die praktische Umsetzung empfiehlt es sich, die zusätzlichen farbigen Fäden an die Leinenfäden mit Klebstoff zu fixieren.

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Flechtung, doppelte Flechtstränge und offene Schnüre

Hier sind zwei Figuren miteinander verbunden worden; zum einen der doppelte Flechtstrang, zum anderen das Weben. Da die drei Fäden zum Weben nicht ausreichen, muss auf mindestens 6 Stränge erweitert werden. Die zusätzlichen drei Leinenfäden sind einfach angeknotet worden und dann eine Weile als doppelter Flechtstrang weitergeführt. Ein weiterer Knoten bindet die sechs Fäden wieder zusammen und bilden die sogenannte Kette zum Weben mit dem rosa Faden. Am Ende des gewebten Teils sind jeweils drei Fäden mit einem Knoten zusammengefasst und zum Schluss per Knoten auf die weiterführenden drei Fäden reduziert worden. Eine Erleichterung beim Weben ist die Fixierung der sechs Stränge mit Tesafilm, so dass man mit einer Nadel leicht unter und über die Kette gelangt. Der doppelte Flechtstrang kann für Lebenswege oder Situationen stehen, an denen zwei Optionen bestanden haben und für eine Zeit lang nebeneinander gelaufen sind. Der gewebte Teil kann zum Beispiel für ein „Netz“ im Leben stehen, das einen aufgefangen hat. Die gewählte Farbe kann darüber hinaus noch einen weiteren Akzent setzen, der sowohl positiver wie negativer Natur sein kann.

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Eingeflochtene Teilchen

Die eingeflochtenen Teilchen werden mit den Schnüren mit geflochten. Je nach Symbol werden hier positive oder negative Ereignisse oder Strecken markiert.

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Offene Flechtung

Die offene Flechtung steht zum Beispiel für eine etwas unsichere Lebensstrecke, die noch hält, aber weder die Festigkeit der Flechtung, noch die Lockerheit der offenen Schnüre besitzt. Eine andere Deutung lässt hingegen das Gefühl der Freiheit zu, die durch die luftige Verschlingung symbolisiert wird.Die Struktur selber wird durch einfache Verschlingungen hergestellt, die nicht zugezogen, sondern als offene Masche abwechselnd rechts und links verknotet werden. Am Ende werden mit einem Knoten die drei Stränge wieder zusammengefasst.

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Perlenstränge

Die Perlenstränge bieten mit der Farbigkeit der Glasperlen den Anblick einer intensiven wie positiven, bunten Strecke. Je nach Farbwahl kann dieser Eindruck sicher auch in eine negative Empfindung umschlagen. Mit den Perlen lässt sich auch eine regenbogenartige Farbschichtung erreichen.

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Eingefügte Teilchen in den offenen Schnüren

Teilchen können nicht nur mit eingeflochten werden, sondern auch in offenen oder geflochtene Streckenteile aufgefädelt und mit zwei Knoten in einem bestimmten Abschnitt gehalten werden. Je nach Symbol werden hier positive oder negative Ereignisse oder Strecken markiert.

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Doppelte Perlen zwischen Knoten

Die bunte, offene Struktur der doppelten Perlen zwischen Knoten ist als Zeichen für optimistische Phasen gut geeignet. Die einzelnen Elemente sind durch einfaches Verknoten voneinander getrennt.

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Angeknotete Perlen

Die angeknoteten Perlen können als Beispiel für Verluste oder Sackgassen im Leben stehen. Der zusätzliche Faden wird an den Strang geknotet und der Knoten selber durch die Perlen verdeckt.

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Perlenreihung

Die verschiedenen Perlen in der Perlenreihung werden einfach zwischen zwei Knoten aufgefädelt und durch sie in dem entsprechenden Segment gehalten. Farbwahl, Design und Form der Perle bestimmen ihre Symbolik.

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Mitgeflochtene Farbschnur und Perlenreihung

Die mit geflochtene Farbschnur gibt einer Flechtstrecke eine zusätzliche Tönung, die je nach Farbe unterschiedlich bewertet werden kann. Die Perlenreihung zwischen zwei Knoten steht eher für schwere Erlebnisse und Ereignisse, wenn sie wie hier im Beispiel mit dunklen Perlen ausgeführt wird.

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Eingeflochtene Feder

Eine eingeflochtene Feder verschafft jeder Strecke eine Art von positiver Aura und passt damit eher zu den positiven Abschnitten im Lebensverlauf. Die Feder wird einfach mit einem Strang zusammen mit geflochten.

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Eingeknotete Feder

Eine eingeknotete Feder markiert weniger eine Strecke, als ein besonderes, durch die Symbolik eher positives punktuelles Ereignis.

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