Artikel von Netdoktor 3.9. 2010

Kinderbuch

„Mein Tumor ist böse“

„Papa, mal mir einen Tumor“, bittet die krebskranke Lara. Ihr Vater greift zu Stift und Papier. Daraus entsteht ein Buch, das das Thema Krebs kinderleicht und humorvoll anpackt. Ein Buch, das Mut macht, durchzuhalten.

Der Tumor ist ein schauerlicher Gesell. Mit gefletschten Draculazähnen und Tentakelarmen, die sich durch den Körper hangeln. Ein wenig sieht er aus wie Paul, der WM-Krake. Nur nicht so lieb. Der Tumor steckt im Kopf von Lara (5 Jahre)). Gezeichnet hat ihn ihr Vater, Claus Maywald. Mit Stift und Papier hat er dem Krebs ein Gesicht gegeben. „Wir können nur mit etwas umgehen, von dem wir eine Vorstellung, ein Bild im Kopf haben“, sagt Maywald im Gespräch mit NetDoktor.de.

„Das hat dem Tumor weh getan“

Seit zweieinhalb Jahren lebt Lara mit dem Krebs – mehr als die Hälfte ihres Lebens. Sie hat ein Medulloblastom, das ist ein bösartiger Tumor des Kleinhirns, der schon während der Embryonalentwicklung entsteht. 17 Chemotherapien hat sie hinter sich, 30 Bestrahlungen, elf Operationen. Man sollte meinen, die Kleine hat die Nase voll von Krankenhäusern. Doch sie geht wacker zu jeder Therapie. Sie weiß, Strahlen, chirurgische Eingriffe und Chemotherapie sind ihre Verbündete gegen den bösartigen Kerl in ihrem Kopf. Und wenn sie wieder eine schmerzhafte Spritze bekommt, sagt sie zufrieden: „Das hat dem Tumor ganz doll weh getan.“

Maywald ist Kurator am Gutenberg-Museum in Mainz. Kunst und Bücher sind sein Metier. Als Lara damals an Krebs erkrankte, malte er Bilder aus dem Klinikalltag für Lara und ihre Geschwister. Insgesamt sechs Kinder im Alter von neun Monaten bis 19 Jahren haben die Maywalds. In der Großfamilie ist Krebs zwar ein Thema, aber keines, um das das ganze Familienleben kreist. „Wir versuchen, die Balance zu halten“, sagt der Vater.

Knollennasige Krebspatienten

Maywald zeichnet. Wie knollennasige kleine Krebspatienten durch die Krankenhausgänge hüpfen. Aber auch wie das ist mit der Chemotherapie. Maywald zeichnet auch für sich selbst. „Irgendwie muss man mit einem solchen Schicksalsschlag fertig werden“, sagt er. Sein Weg ist es, die Krankheit seiner Tochter kreativ zu verarbeiten. „Ein ordentlicher Schuss schwarzen Humors kann da helfen.“

Irgendwann hat Lara gesagt: „Papa, mal mir mal einen Tumor“. Aus dem einen Bild ist ein ganzes Büchlein geworden. Dort wird in wenigen Bildern erzählt, was Krebs ist, und wie man ihn besiegen kann. Wer es für drei Euro erwirbt, unterstützt damit die Deutsche Kinderkrebsstiftung und den Förderverein für Tumor- und Leukämiekranke Kinder e.V. in Mainz. Und wie Tumoren es so an sich haben, hat der Krebs sich schon vermehrt – in diesem Fall ausnahmsweise für einen guten Zweck. In Maywalds Tumorshop kann man T-Shirts mit Tumorzeichnungen und humorvollen Krankenhausszenen erwerben, Tassen und bald auch Stempel.

Lochfraß in der Tumorhaut

Während der Vater mit der NetDoktor.de-Redakteurin spricht, ist Lara ein weiteres mal im Krankenhaus. Lara hat ein Rezidiv. Der böse Tumor, der schon besiegt schien, ist zurückgekehrt. „Das ist nicht schön, aber das schaffen wir auch noch“, sagt der Vater.

Maywalds Lieblingsmotiv ist dann auch der Tumor, wie er in einem knallroten Verbotsschild steckt. Schaut man genauer hin, registriert man die grauviolette Farbe, die Löcher in der Haut: „Gesund sieht der Kerl nicht aus“, sagt Maywald. Er klingt zufrieden.

Netdoktor 3.9. 2010 / Redakteurin Christiane Fux